Zusammenfassung

«Bahn-Plan 2050» ist das Projekt der IGöV Waadt für den langfristigen Umbau des schweizerischen Bahnnetzes. Es entspricht in allen Punkten der Vision des Bundesrats und schlägt für FABI bis 2050 drei strategische Etappen vor: integraler Taktfahrplan, gesteigerte Taktfrequenz, Hochgeschwindigkeit.


Botschaft FABI: Viel Hoffnung, einige Einwände
Mit seiner Botschaft zu Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur (FABI) schlägt der Bundesrat die Schaffung eines zeitlich unbegrenzten Bahninfrastrukturfonds (BIF) vor, der den bestehenden, zeitlich begrenzten Fonds für die Finanzierung des öffentlichen Verkehrs (FinöV-Fonds) ersetzen soll. Im Gegensatz zur Volksinitiative «Für den öffentlichen Verkehr» behandelt FABI auch den Netzausbau und sieht ein strategisches Entwicklungsprogramm (STEP) mit Investitionen von über 40 Milliarden Franken bis 2050 vor. Der 1. Ausbauschritt von STEP für die Periode 2017-2025 ist auf einen Höchstbetrag von 3,5 Milliarden Franken begrenzt.
Diese innovativen Vorschläge geniessen eine breite Unterstützung. Doch bestehen auch Einwände zu FABI, wovon die wichtigsten die Finanzierungsquellen für den BIF und den mit 3,5 Milliarden Franken zu bescheidenen 1. Ausbauschritt betreffen.

Mehr Mut für den 1. Ausbauschritt: 6 Milliarden bis 2025
Der Verband öffentlicher Verkehr (VöV) schlägt bis 2025 einen Budgetrahmen von 6 Milliarden Franken vor. Dank diesen zusätzlichen Mitteln könnten massive Arbeiten zum Ausbau der S-Bahnen Bern, Basel sowie zwischen Genf und Lausanne finanziert werden. Damit soll in diesen Metropolen der Viertelstundentakt eingeführt werden.
Laut VöV könnten die erforderlichen Mittel wie folgt sichergestellt werden: indem der Bund auf die Verzinsung seiner Bevorschussung des bestehenden FinöV-Fonds verzichtet oder indem die Rückzahlung der Bevorschussung gestaffelt erfolgt.

Für einen «Bahn-Plan 2050» in 3 Etappen
Die IGöV Waadt setzt sich für einen eigentlichen Masterplan für Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur bis 2050 ein: den «Bahn-Plan 2050». Bereits 2010 schlugen wir drei Hauptetappen vor, die vom Bundesrat in seiner Botschaft zu FABI bestätigt wurden:

  • 1. Etappe – TAKT: Einführung des integralen Stunden- bzw. Halbstundentakts mit Reisezeiten von einer Stunde zwischen den wichtigsten (Knoten-) Bahnhöfen.
  • 2. Etappe – FREQUENZ: Auf den meistbefahrenen Strecken Einführung des Viertelstundentakts sowie Bau neuer Strecken, um die erforderliche Netzkapazität zu gewährleisten. Es können, insb. im Dreieck Bern–Basel–Zürich, Reisezeiten von 45 Minuten geplant werden.
  • 3. Etappe – TEMPO: Erreichen des Endziels, d. h. ein ideales Bahnnetz bis 2050. Mit dieser Etappe soll die Schweiz an das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz angebunden werden. Zugleich sollen, dank halbierter Reisezeiten zwischen den Ballungsgebieten (z. B. 30 Minuten für Lausanne–Bern, Bern–Zürich und Basel–Zürich), die Verbindungen zwischen allen Landesgegenden beschleunigt werden.

Etappe TAKT: Bahn 2000 fertig stellen
Die erste Etappe ist die Etappe der Kontinuität und steht in der Logik von Bahn 2000 und ZEB (zukünftige Entwicklung der Bahninfrastruktur). Dabei werden die Grundsätze von Bahn 2000 verallgemeinert. Der Zeithorizont dieser Etappe entspricht demjenigen von ZEB: 2020.
Mit der Verabschiedung von ZEB durch das Parlament im Dezember 2008 und einem Budget von 5,4 Milliarden Franken sind Finanzierung und Bau der Etappe TAKT teilweise gesichert. Die Projekte, die von der Politik noch bestätigt werden müssen, sind Teil der bundesrätlichen Vorlage: Umbau des Bahnhofs Lausanne (1,05 Mrd.) statt dem Bau des Chestenbergtunnels (1,1 Mrd. in ZEB) und vorgezogener Bau des Ligerzer Tunnels zwischen Neuenburg und Biel (390 Mio.) im Rahmen des 1. Ausbauschritts von STEP.

Etappe FREQUENZ: kritische Abschnitte ausbauen
Die zweite Etappe beruht auf folgender Feststellung: Aufgrund der Zunahme des Personenverkehrs wird auf den am meisten ausgelasteten Achsen die Einführung des Viertelstundentakts erforderlich; so z.B. für die Verbindungen Genf–Lausanne–Montreux, Bern–Zürich, Zürich–Basel, Zürich–Winterthur und Zürich–Luzern. Um mehr Kapazität zu schaffen, müssen in diesem Zusammenhang die heikelsten Abschnitte verdoppelt werden.
Für die IGöV Waadt haben dabei zwei Neubaustrecken absolute Priorität (vgl. Karte): Genf-Sécheron–Renens (inkl. Spange zwischen Denges und Bussigny Richtung Yverdon-les-Bains) und Roggwil–Zürich Altstetten mit der zusätzlichen Anbindung von Olten nach Schöftland (Projekt «Bahn 2000 plus»). Diese beiden Linien sollten aus folgenden Gründen gleichzeitig gebaut werden:

  • Wahrung der bundesrätlichen Strategie: erst Kapazität, dann Tempo.
  • Dringender Kapazitätsbedarf auf den Achsen Genf–Lausanne und Olten–Zürich zur Bedienung der Schweizer Regionen mit dem grössten Wachstum (Metropolitanräume Genfersee und Zürich).
  • Die äusserst hohen, teils höheren Kosten, wenn die entsprechenden Stammlinien ausgebaut würden: 2,8 Milliarden Franken für ein 3. und 4. Gleis zwischen Coppet und Renens; 6,2 Milliarden Franken für den Eppenberg-, Chestenberg- und Honerettunnel zwischen Olten und Zürich; ergäbe total 9 Milliarden Franken.
  • Diese Teilabschnitte liegen am jeweiligen Ende der Gesamtachse Genf–Zürich. Somit dient ihr Ausbau auch den beiden mittleren Abschnitten Lausanne–Bern–Olten und Lausanne–Biel–Olten, für welche die Reisezeiten gleich lang bleiben würden.

Mit einem Gesamtbudget von 9,3 Milliarden Franken würden diese beiden Neubaustrecken kaum mehr kosten als der mit 9 Milliarden veranschlagte Ausbau der Stammlinien. Doch würde dieser Betrag das Budget des 1. Ausbauschritts von STEP sprengen, welches zum heutigen Zeitpunkt bis 2025 auf 3,5 Milliarden Franken plafoniert ist. Es stehen zwei Ansätze offen, die allenfalls kombiniert werden könnten:

  • Für 2025 bis Ende 2030 wird ein 2. Ausbauschritt von STEP geplant. Die Investitionen für ZEB und für die beiden Ausbauschritte von STEP (2017-2025, 2025-2030) sollten die Gesamtkosten der beiden Neubaustrecken Sécheron–Renens und Roggwil/Olten–Altstetten decken.
  • Die Neubaustrecken Sécheron–Renens, Roggwil–Altstetten und Olten–Schöftland sind eindeutig vom Stammnetz abgegrenzt und stellen somit ideale Anwärterinnen für neue Finanzierungsformen dar: öffentlich-private Partnerschaften (PPP), nationaler Investitionsfonds, schweizerischer Staatsfonds oder eine «Grosse Staatsanleihe» für institutionelle Anleger (z.B. Pensionskassen) und Private.

Etappe TEMPO: Von der Insel Schweiz nach Europa
Mit der dritten Etappe wird das Endziel erreicht (vgl. Karte): ein Schweizer Hochgeschwindigkeitsnetz mit den beiden Hauptachsen West-Ost (Bourg-en-Bresse–Konstanz/St. Gallen via Genf–Lausanne–Bern–Zürich–Winterthur) und Nord-Süd (Basel–Mailand via Zürich–Zug–Gotthard-Basistunnel–Lugano–Chiasso). Dabei werden vier Ziele verfolgt:

  • Die internationale Bedienung mit einer echten Integration in das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz, die für Reisen von etwa 1000 km bzw. mit einer Dauer von 3-4 Stunden eine Alternative darstellt.
  • Die nationale Bedienung mit raschen Verbindungen zwischen den Metropolen.
  • Die regionale Bedienung, welche die Hochgeschwindigkeitsstrecken für die bessere Erschliessung der Randregionen nutzt.
  • Eine verbesserte Bedienung durch Regional- und Güterverkehr, indem die überlasteten Achsen des Stammnetzes entlastet werden.

Der Zeithorizont dieser Etappe deckt sich mit demjenigen des strategischen Entwicklungsprogramms (STEP): um 2050.

Fazit: Für eine konkrete, langfristige Planung
Die IGöV Waadt setzt sich im Wesentlichen für eine langfristige Sicht des schweizerischen Bahnnetzes ein, das bis 2050 alle Ballungsgebiete im Viertelstundentakt bedient, die Fahrten zwischen den Landesgegenden beschleunigt und den Anschluss an das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz gewährleistet.
In unseren Augen ist die Etappe FREQUENZ zentral, die den Neubau der beiden Linien Genf–Lausanne und Roggwil/Olten–Zürich umfasst (Projekt «Bahn 2000 plus»). Sie sollte in zwei Schritten erfolgen:

  • 1. Schritt 2017-2025 mit geänderter Finanzplanung gemäss Vorschlag des VöV (6 statt 3,5 Milliarden Franken).
  • 2. Schritt 2025-2030 namentlich mit der Fertigstellung der beiden Neubaustrecken Genf–Lausanne und Roggwil/Olten–Zürich Altstetten.

Obwohl der BIF zeitlich unbefristet ist, scheint es wahrscheinlich, dass für die Investitionen zur Umsetzung der Neubaustrecken, die eindeutig vom Stammnetz abgegrenzt sind, zusätzliche Finanzierungsquellen erforderlich sind: öffentlich-private Partnerschaften (PPP), ein nationaler Investitionsfonds, ein schweizerischer Staatsfonds oder eine «Grosse Staatsanleihe».

Das Schweizer Bahnnetz von morgen: Planungsskizze der Etappen FREQUENZ (2030) und TEMPO (2050). In der Etappe FREQUENZ werden erste Abschnitte der neuen West-Ost-Achse erstellt: Genf–Lausanne und Bern–Zürich. In der Etappe TEMPO werden die Hochgeschwindigkeitsachsen West-Ost (Lausanne–Bern und Zürich Flughafen–Winterthur) und Nord-Süd (Basel–Chiasso via Zürich–Gotthard-Basistunnel) sowie die fehlenden Anschlussstrecken an das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz fertiggestellt (Bourg-en-Bresse–Genf, Mülhausen–Basel, Winterthur/St. Gallen–Konstanz und Chiasso–Mailand).

Laisser un commentaire